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Entbehrlicher Sonderzug – Kenneth Branagh und sein nicht ganz selbstloses Remake von Mord im Orient Express

Warum verfilmt man diesen Stoff im Jahre 2017 erneut? Das war die spannendste Frage angesichts des All Star Vehikels, dass Kenneth Branagh da auf die Schiene gebracht hat. Sicher, der “Orient Express” ist von den Krimis der legendären Agatha Christie einer der berühmtesten, doch was hat man dem hinzuzufügen, was weder Sidney Lumets grandioser Film von 1974, noch die späteren, durchaus zu Recht weniger bekannten beiden Verfilmungen noch nicht auf die Leinwand brachten?

 

Der Hauptdarsteller

Hercule Poirot von Branagh dargestellt, das wäre die offensichtlichste Antwort. Zugegeben, so wie er sah noch keine der Verkörperungen des belgischen Meisterdetektivs aus. Albert Finney -aus dem 1974er Film- schien dem Buch der Queen of Crime entsprungen, und war für seinen Poirot für den Oscar nominiert. Das wird Branagh eher nicht passieren. David Suchet – aus der TV Verfilmung des Stoffs von 2010- gilt vielen als der definitive Poirot, während von Alfred Molina eher vermutet werden darf, dass er an seinen Poirot von 2001 nicht erinnert werden mag.

Branagh sieht rein äußerlich am wenigsten so aus, wie die Autorin ihren Helden beschrieben hat. Er wurde mit ein paar Marotten versehen -wie etwa das Insistieren auf absolut gleich grosse Frühstückseier-, die halbwegs amüsant sein mögen, aber doch reichlich bemüht wirken. Spätestens wenn er dann auch noch Ansätze eines Action Helden zeigt, verliert er die Figur. War Poirot doch stets der Mann der kleinen grauen Zellen, der Ermittler im Armsessel, nicht der todesverachtenden wilden Jagd über gaffende Abgründe hinweg.

Die Äusserlichkeiten

Dann ist da die Technik, Branaghs Orient Express liebt die ganz große Kamerafahrt, und den Wumm und die Wucht der computergenerierten Animation. Sein Orient Express bleibt nicht einfach im Schnee stecken, er entgleist, und das dann selbstverständlich auch noch auf einem spektakulären Viadukt, in schwindelnder Höhe über dem verschneiten Tal. Aber rechtfertigt dergleichen wirklich einen vierten Film des selben Stoffs?

— Kenneth Branagh – Mord im Orient Express
© Twentieth Century Fox of Germany GmbH

Das versammelte Ensemble ist erlesen, wie auch die gesamte Optik des Films Eindruck schindet. Michelle Pfeiffer, Judi Dench, Penelope Cruz, Johnny Depp (reichlich klischeehaft ein Bösewicht direkt aus dem Comic-Heft), Willem Dafoe, die Liste geht noch eine ganze Weile so, oder doch fast so, weiter. Aber viel bekommen die Edelmimen nicht wirklich zu spielen, dafür steht Branagh, wieder einmal auch sein eigener Regisseur, zu sehr im Mittelpunkt. Wenn die ganze Star-Truppe dann à la letztes Abendmahl an einer Tafel versammelt ist, dann ist das sicher ein beeindruckendes Bild, zumal sich diese besondere Tafel in der Einfahrt eines Eisenbahntunnels befindet. Aber es geschieht auf Kosten der klaustrophobischen Atmosphäre einer Handlung, die aus gutem dramaturgischen Grund im Original ganz und gar in dem eingeschneiten Zug spielt. Einmal mehr entsteht der Eindruck, dass hier doch allzu sehr auf den Effekt gesetzt wurde.

Das Fazit

Ein Detail steht vielleicht am treffendsten für den Charakter dieses Remakes. Wer heute den echten Orient Express bucht, bekommt eine Luxus Zug-Kreuzfahrt zu horrenden Preisen. Zur Zeit der Handlung war er ein Verkehrsmittel für die Oberschicht, Luxus ja, aber eines für die echte Reise, nicht den Vergnügungsausflug. Kenneth Branaghs Orient Express ist der von heute, mitsamt Aussichtsbalkon am Heck. Damit geht ihm weit mehr verloren, als er durch Stars, Ausstattung und Technik gewinnen kann. Die Entgleisung kann da durchaus symbolisches Omen sein. Im Nachspann erfährt der beruhigte zahlende Zuschauer die beträchtliche Zahl der bezahlten Arbeitsstunden, die hier aufgewendet wurden und die er mit seinem Kinoticket unterstützt. Als Begründung für eine vierte Verfilmung des gleichen Sujets ist dies dann doch reichlich dünn.

Der Schluss des Films weckt den Verdacht, Branagh wolle eine Art Poirot Franchise auf den Weg bringen und als nächstes Tod auf dem Nil verfilmen und somit auch noch in Konkurrenz zu Peter Ustinovs Detektiv Darstellung treten. Vielleicht lässt er sich ja noch davon abhalten.

Frank B. Halfar

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