Kinder der Steine – Kinder der Mauer
Der Dokumentarfilm Kinder der Steine – Kinder der Mauer von Robert Krieg und Monika Nolte startete am 24.02.2011 in den Kinos.
Kino Event in Berlin – Hackesche Höfe: am Freitag , 25.3. um 20 Uhr, arabischer Filmabend mit Filme, Gespräche, Musik und kulinarische Köstlichkeiten. Im Anschluss der Vorführung von Kinder der Steine gibt es ein Filmgespräch mit dem Regisseur Robert Krieg.
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Ein Schwarz-Weiss-Foto, sechs Jungen, um die zehn Jahre alt, posieren spritzig mit Victory-Zeichen für die Kamera. Das war in Bethlehem im Jahr 1989 während des ersten palästinensischen Volksaufstands und der Dreharbeiten zu Robert Kriegs Dokumentarfilm „Intifada – Auf dem Weg nach Palästina“. Zwanzig Jahre später sind die Gebiete, die damals befreit werden sollten, von einer Mauer umschlossen. Wer waren die Kinder auf dem Bild? Wie leben sie heute? Leben sie noch? Mit dem Foto in der Hand kehrt das Filmteam nach Bethlehem zurück, um die Jungen zu suchen und kennen zu lernen. Die sechs Kinder, heute Väter, waren zu jung, um die Intifada mit zu gestalten; sie haben weder politischen Analysen noch Rechtfertigungen. Sie leben bis heute in der Altstadt von Bethlehem, ihre Verbindung zueinander ist nicht abgerissen. Das Filmteam ist eins von unzähligen, die die besetzten palästinensischen Gebiete seit Jahrzehnten täglich belagern – und vielleicht das einzige, das je zurückgekehrt ist. Aus Sorge, aus Interesse und Anteilnahme. Die kurze Begegnung zwischen Pose und Auslöser sowie die Rückkehr des Filmteams spannt ein fast zauberhaftes Band aus Fremdheit und Vertrauen. Die Männer erinnern, ulken, nehmen die Gäste mit auf ihre Arbeit und nach Hause. Sie diskutieren die Zerstrittenheit ihrer Gesellschaft und werden für kurze Zeit wieder zur Gang, deren Streifzüge unweigerlich an einer Mauer enden.
Director’s Statement
1989 während der ersten Intifada drehte ich den Film „Intifada – Auf dem Weg nach Palästina“ über den vielfältigen zivilen Widerstand eines Dorfes in der Nähe von Bethlehem. Dabei nahm ich ganz bewusst die subjektive Perspektive der Dorfbewohner ein. Nach einer Straßenschlacht in der Altstadt von Bethlehem machte der Fotograf Ralf Emmerich ein Foto von sechs kleinen Jungen, die selbstbewusst in die Kamera lachten und die Finger zum Siegeszeichen spreizten. Dieses Bild ist für mich zu einem Symbol des Widerstandes gegen die Besatzermacht geworden.
Die Generation der Jungen ist in der Zeit der Verhandlungen und Oslo-Verträge aufgewachsen, mit der Hoffnung auf die Gründung eines freien und unabhängigen Staates Palästina. Ihr größter Wunsch heute ist es, einen ordentlich bezahlten Job zu finden, ihren Kindern eine Zukunft bieten zu können und endlich einmal wieder ans Meer fahren zu können. Davon sind sie weiter entfernt denn je.
Zwanzig Jahre später, nachdem die Hoffnungen zerschlagen sind, machte ich mich auf die Suche nach ihnen. Ich wollte herausfinden, was aus ihnen geworden ist. Wie sieht das Leben dieser jungen Männer in Bethlehem aus, abgeschottet von der Welt hinter einer Mauer, ohne Bewegungsfreiheit und abgeschnitten von Arbeitsmöglichkeiten, die ihnen und ihren Familien ein ausreichendes Einkommen verschaffen würden? Welche Zukunft sehen sie für sich und ihre Kinder? Welche Fluchtträume entwickeln sie und welche Strategien, um ihr schwieriges Leben dennoch lebenswert zu machen? Sie versuchen vor allem eins: zusammenzuhalten.
Was mich, und nahezu alle, die an diesem Film mitgearbeitet haben, am meisten beeindruckt, ist die Lebendigkeit, die Kraft, die Direktheit und der Humor dieser jungen Männer – die vom Großteil des westlichen Publikums nur als Opfer oder als finstere Gestalten, die Selbstmordattentate begehen, wahrgenommen werden.
Die Jungen auf dem Foto zeigen mir die Hoffnung, die es einmal gab. Die Männer unseres Films vermitteln mir den Willen, durchzuhalten und sich nicht unterkriegen zu lassen. Wie lange kann man die menschliche Hoffnung auf ein ganz normales Leben, Lernen und Arbeiten enttäuschen?
Kinder der Steine – Kinder der Mauer, von Robert Krieg und Monika Nolte, 87 Min., Deutschland, 2010