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Berlinale Classics 2025- Altbekannte Favoriten und neue Entdeckungen

Acht Filme umfasste das Programm der restaurierten Filme in diesem Jahr. Das Programm umspannt die Jahrzehnte vom chinesischen Stummfilm von 1934 quer durch die Jahrzehnte bis in die 80er Jahre und durch die verschiedenen Genres. Einen Stummfilm mit live eingespielter Musik gab es dieses Jahr nicht, nur den erwähnten hier völlig unbekannten chinesischen Stummfilm mit einem bereits auf der Tonspur befindlichem, neu komponierten Soundtrack.

— Zhang Zhihi, Ruan Lingyu – Shennü (The Goddess)
© China Film Archive

Shennü (The Goddess) von Wu Yonggang ist ein sozialkritisches Prostituiertendrama aus Shanghai. Die Göttliche geht auf den Shanghaier Straßenstrich, um Geld für das Leben mit ihrem Sohn zu haben. Als sie Zuflucht vor der Polizei bei einem brutalen Glücksspieler sucht, erklärt dieser sich zu ihrem Zuhälter. Um den Jungen auf die Schule schicken zu können, unterschlägt sie Geld von ihm. Doch der Ruf eilt ihr voraus und die Eltern der anderen Schüler verlangen den Jungen von der Schule zu verweisen. Als der Zuhälter ihr verstecktes Geld stiehlt, kommt es zur Katastrophe. Nur der ehemalige Schuldirektor bleibt, um ihr zu helfen.Die Hauptrolle spielt der chinesische Stummfilmstar Ruan Lingyu, die als Greta Garbo des Ostens bekannt wurde. Grosse Darstellkunst mit trauriger Geschichte.

Hell’s Angels (Höllenflieger) von 1930 ist unter der Co-Regie von Howard Hughes (berüchtigt als verrückter Millionär, der sich einen Grossteil seines Lebens vor der Öffentlichkeit versteckte) und James Whale (Regisseur früher Universal-Horrorklassiker) entstanden. Der Film erzählt von zwei Brüdern aus England während dem ersten Weltkrieg, die unterschiedlicher nicht sein können. Der eine wird im Kriegsgeschehen zum Feigling, der andere zum Helden. Hell’s Angels Film wurde damals zum riesigen Erfolg. Dies ist vor allem den spektakulären Flugaufnahmen und dem damaligen Filmstar Jean Harlow zu verdanken, deren einzige Farbaufnahmen in den Sequenzen dieses Films zu sehen sind.

Alfred Hitchcock’s The Paradine Case (Der Fall Paradin) von 1947 kennt wohl jeder, der sich für Film interessiert. Das Gerichtsdrama erzählt von Rechtsanwalt Keane (Gregory Peck), der Mrs.Paradine (Alida Valli) verteidigt. Die soll ihren blinden, reichen Ehemann ermordet haben. Er verliebt sich in seine Mandantin, die aber nichts von ihm wissen will, und hat Glück, dass seine Frau (Anne Todd) trotzdem zu ihm steht. Der Film gilt nicht gerade als der beste Film Hitchcocks, der sich während des Films mit Budgetproblemen beschäftigen musste und auch nicht seine Wunschbesetzung bekam. Nach der Premiere wurde der Film gekürzt. Die Kürzungen wurden nun wieder eingefügt.

Der japanische Film Seisaku no tsuma (The Wife of Seisaku) von 1965 von Yasuzo Masumura ist ein Schwarzweissmelodram. 1900 kommt Okane (Ayako Wakao) als reiche Frau nach dem Tod ihres grausamen Ehemanns mit ihrer Mutter zurück in ihr altes Heimatdorf. Dort ist sie als Hexe verschrien. Sie verliebt sich und heiratet ihren Soldaten. Als der als Kriegsverwundeter von ihr gesund gepflegt wieder in den Krieg und damit in den sicheren Tod gehen soll, sticht sie ihm die Augen aus und kommt ins Gefängnis. Ein guter Film über wahre Liebe und eine Anklage am japanischen Militarismus in Staat und Gesellschaft.

Der wohl bekannteste Film im Programm ist Dirty Harry von Don Siegel von 1971. Der Film mit dem Clint Eastwood endgültig zum Weltstar wurde. Auf den Strassen von San Francisco geht ein Serienkiller um, der mit seinen Taten hohe Geldsummen von der Stadt erpressen will. Detective Harry Calahan(Eastwood) wird beauftragt, den Killer zu finden und auszuschalten. Er ist bekannt als Mann weniger Worte und brutaler Aktionen. Die Killerjagd mündet in einen Showdown im Stil seiner Italowestern. Berühmt ist Eastwoods Spruch „Make my Day“, wenn er einen Täter lieber erschiessen als verhaften möchte. Vier Fortsetzungen mit der Figur des Harry Calahan folgten über die Jahre.

Solo Sunny von 1980 war der letzte Film des 1982 verstorbenen Regisseurs Konrad Wolf. Er lief als Wettbewerbsbeitrag der DDR bei der Berlinale und machte die Hauptdarstellerin Renate Krößner zum Star in Ost und West. Sie wurde mit dem silbernen Bären als beste Darstellerin ausgezeichnet. Sunny ist Schlagersängerin in Ost-Berlin und will sich so überhaupt nicht anpassen („Ich nenne einen Eckenpinkler einen Eckenpinkler“). Das Porträt der Sängerin traf den Nerv vieler, zeigte es doch, dass es auch in der DDR solche Menschen gab. Und die Musik von Günther Fischer tat ein weiteres. Der Film läuft auch heute immer noch in Kinos und auch im Fernsehen.

— Renate Krößner – Solo Sunny
© DEFA-Stiftung, Dieter Lück

1983 war Vestida do Azul (Dressed in blue) von Antonio Gimenez-Rico der erste spanische Dokumentarfilm über Transfrauen in Spanien. Der Film zeigt ihren Alltag in Madrid in den 80er Jahren. Im Gespräch miteinander und mit dem Regisseur erzählen sie von ihrem früheren Leben, wo sie merkten, dass sie nicht wirklich Jungs sind, den Erfahrungen als Performerinnen und Prostituierten und von Ausgrenzung. Und auch die Gesetzeslage hat sich seit der Franco-Ära noch nicht sehr geändert. Auch eine Brustvergrösserung mit Silikon wird mitgefilmt und Familienfeste werden gefeiert. Bei einigen Szenen (mit Freiern etc.)merkt man allerdings, dass vieles nicht wirklich dokumentarisch, sondern inszeniert ist.

Naerata ometi (Smile at Last/ Lach doch mal) von 1985 der estnischen Regisseure Leida Laius und Arvo Iho erhielt bei der Berlinsale 1987 den UNICEF-Preis. Mit Handkamera in einem echten Erziehungsheim gedreht, weitgehend mit Laiendarstellern, schafft es als Spielfilm ein starkes dokumentarisches Gefühl beim Sehen zu erzeugen. Maris (Monika Järv) ist 16 und kommt mit dem Leben im Heim nicht klar. Ihre Mutter ist tot, ihr Vater will sie nicht. Sie kümmert sich im Heim um kleinere Kinder und verliebt sich in den Rabauken Robi.

Harald Ringel, Berlin

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Harald Ringel

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