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Der Fall Collini – Deutsche Schuld und Sühne im Mainstream Kino

Mit dem Fall Collini ist das grosse, unverjährbare Thema des Unrechts aus den Zeiten des dritten Reiches einmal mehr im Kino präsent, diesmal in deutscher Produktion und in Starbesetzung.
Der titelgebende Fall ist der scheinbar unmotivierte Mord an einem Gross-Industriellen, dessen Hintergrund in einer schweren Verstrickung zu Gräueltaten aus der Zeit des zweiten Weltkriegs liegt.

 

Vieles liesse sich gegen diesen Film ins Feld führen. Das Juristische ist nicht immer stimmig, in einem Gerichts-Thriller kein geringer Vorwurf. Die Dramaturgie ist allzu durchschaubar, und wäre durch etliche naheliegende Wendungen sofort ausgehebelt. Hier legten die Autoren wohl mehr Wert auf Spannungsbogen und Emotions-Steuerung denn auf Realismus, psychologische Nachvollziehbarkeit und konsequente Figurenentwicklung. Die Autoren des Drehbuchs und Ferdinand von Schirach als Urheber der Romanvorlage hätten hier auch einen Klärungsbedarf hinsichtlich einer Schuldfrage…   Die stets Unheil-dräuende Musik nervt, da wäre –wieder einmal- weniger mehr gewesen.

Der historische Hintergrund

Doch das wichtige Thema des Umgangs mit der deutschen Vergangenheit, die Erinnerung an den skandalösen Umgang mit der Schuld in der restaurativen Nachkriegszeit, als etliche Alt-Nazis an den Schalthebeln der Macht sassen, mit der Folge von Gesetzen, die nichts weniger als Freibriefe für schwerste Verbrechen waren, verleiht dem Film dennoch Gültigkeit und Wert. Wenn der Film diesen Topos mit neuem Leben erfüllen und einem breiten Publikum mit Popcorn Kino Disposition nahezubringen vermag, so kann man ihm nur Erfolg wünschen.

Die Naumann Stiftung

Die FDP nahe Friedrich Naumann Stiftung jedenfalls nahm den Fall Collini zum Anlass zu einer Preview am Vorabend der Kino Premiere. In einem einführenden Vorgespräch ging es um das Verhältnis von Fiktion und Realität im Film. Dabei wurden nicht nur die Verdienste ehemaliger FDP Bundesminister hervorgehoben: Unter der Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (im Amt von 1992 bis 1996 und 2009 bis 2013) wurde eine Historikerkommission eingerichtet, welche erstmalig die durchaus systematische und vorsätzliche de facto Amnestie für NS-Verbrechen der ersten Jahrzehnte der Bundesrepublik aufdeckte. Die Podiumsdiskutanten konnten es sich auch nicht verkneifen, auf den illiberalen Umgang der Adenauer CDU mit dem Sexualstrafrecht hinzuweisen. Da ging es um die reichlich späte Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe, und den ebenso viel zu späten Wegfall der Strafbarkeit homosexueller Handlungen.

Die Darsteller – Leistungen mit Gefälle

Zentrale Figur des Fall Collini ist Elyas M’Barek als idealistischer Anwalt. Der Fack Ju Göthe Star soll offensichtlich der Kassenmagnet sein, und dazu gleichzeitig als Charakterdarsteller etabliert werden. Das Drehbuch mit der allzu konstruiert wirkenden Verwicklung seiner Figur mit dem Mordopfer steht ihm dabei ebenso im Weg wie die reichlich Klischee-hafte Typisierung des Kämpfers für die gute Sache, der vor keinen Kosten, Mühen und Konventionsbrüchen zurückschreckt. Aber M’Barek sieht man einfach gerne zu, der Sympathieträger ist und bleibt er.

Auch Heiner Lauterbach ist ein Kampf mit dem Drehbuch aufgegeben: wie sein aalglatter Star Jurist im entscheidenden Moment umkippt und das Unrecht einräumt, das wäre allzu schön und ist komplett unglaubwürdig. Aber Lauterbach spielt es mit Anstand. Rainer Bock als Staatsanwalt gelingen ein paar hübsche, süffisante Momente.

Franco Nero. Elyas M’Barek – Der Fall Collini
Foto mit freundlicher Genehmigung von Constantin Film

Das darstellerische Schwergewicht des Falls Collini ist Franco Nero. Wie der italienische Schauspieler eher unseligen Spaghetti-Western Angedenkens der titelgebenden Figur Charakter verleiht, das ist beeindruckend und sehenswert. Nero hat kaum Text. Was er mit seinem Gesicht, seiner Ausdrucks- und Strahlkraft zu vermitteln vermag, das zeigt uns, was der Begriff „Weltstar“ bedeutet. Schon dies zu sehen ist den Preis des Eintritts wert. Die Fallhöhe zu der reichlich eindimensional agierenden Alexandra Maria Lara als Tochter des Opfers und Geliebte des Anwalts hebt Franco Neros Leistung nur noch mehr hervor.

Regisseur Marco Kreuzpaintner versteht sein Handwerk, er holt aus seinen Stars viel heraus, lässt seinen Director of Fotography (Jakub Bejnarowicz) ansehnliche Bildgewalt produzieren und umschifft die Tücken des Buchs so gut es eben geht. Ob der Film tatsächlich eine weitreichende Konversation über sein Anliegen zu erwecken vermag, jenes schwierige und vielschichtige Thema des Unrechts und des Umgangs damit, das wird seine eigentliche Bewährungsprobe sein.

Ab 18. April im Kino

Frank B. Halfar

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Frank B. Halfar

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