Türkei: Prozessauftakt gegen Osman Kavala und 15 weitere Mitglieder der Zivilgesellschaft am Montag, 24. Juni – Einsatz der Bundesregierung gefragt
Amnesty International, die Akademie der Künste, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di, das KulturForum TürkeiDeutschland, das PEN-Zentrum Deutschland und Reporter ohne Grenzen protestieren gegen die andauernde Inhaftierung der türkischen Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala und Yiğit Aksakoğlu und fordern ihre sofortige Freilassung.
j:mag unterstützt diesen Aufruf.
Der 61-jährige Osman Kavala wird seit dem 1. November 2017 im Hochsicherheitsgefängnis Silivri festgehalten; Yiğit Aksakoğlu seit dem 18. November 2018. Die erst 16 Monate nach Kavalas Inhaftierung erstellte Anklageschrift wurde am 4. März 2019 vom Gericht zugelassen. Der Prozessauftakt gegen die 16 Angeklagten findet am 24. Juni 2019 im Silivri-Gefägnis bei Istanbul statt. Osman Kavala und seine Mitangeklagten werden beschuldigt, geplant zu haben, „die Regierung zu stürzen bzw. sie von ihren Aufgaben abzuhalten“. Begründet wird dieser Vorwurf vor allem mit den Gezi-Park-Protesten vom Sommer 2013, die angeblich von Osman Kavala und den anderen Angeklagten organisiert worden seien. Diese Vorwürfe entbehren jeglicher Grundlage. Den Beschuldigten droht lebenslange Haft.
Kavalas Anwälte beantragten beim Verfassungsgericht die sofortige Freilassung ihres Mandanten, da seine anhaltende Untersuchungshaft menschenrechtswidrig sei. Am 22. Mai 2019 wies das Verfassungsgericht diesen Antrag ab und entschied, dass Osman Kavala in Haft bleiben muss.
Das breite Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen in Deutschland protestiert gegen die andauernde Haft und fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung von Osman Kavala sowie seines Mitangeklagten Yiğit Aksakoğlu. Die Untersuchungshaft ist völlig unbegründet und hat den Charakter einer vorgezogenen Strafe. Die haltlosen Anklagen gegen Osman Kavala, Yiğit Aksakoğlu und die 14 weiteren Angeklagten müssen fallengelassen werden. Auch die deutsche Bundesregierung sollte sich auf allen Ebenen für die Freilassung der Inhaftierten einsetzen und auf die Wahrung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten in der Türkei drängen.
Osman Kavala hat sein Leben der Förderung der Zivilgesellschaft und der Kultur in der Türkei gewidmet. In den vergangenen 30 Jahren hat er zahlreiche unabhängige Menschenrechtsorganisationen unterstützt und eine Reihe von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Verlagen mitgegründet, so zum Beispiel die Helsinki Citizens’ Assembly (jetzt genannt Citizens’ Assembly) zur Förderung der Menschenrechte, Anadolu Kültür, eine der größten Kulturstiftungen des Landes zur Förderung der kulturellen Verständigung in der Türkei und den İletişim Verlag, der Literatur und Sachbücher veröffentlicht, die sich häufig mit den Tabuthemen der türkischen Gesellschaft auseinandersetzen.
Der Fall von Kavala und seinen Mitangeklagten ist nur ein Beispiel für das harte Vorgehen der türkischen Regierung gegen ihre Kritiker: Während des zwei Jahre geltenden Ausnahmezustands wurden etwa 1.500 Organisationen und Stiftungen geschlossen. Friedliche Proteste werden unterdrückt, wer sich kritisch über die Regierung äußert, muss damit rechnen, festgenommen zu werden; aktuell sitzen mehr als 130 Medienschaffende im Gefängnis. Seit Juli 2016 ist knapp 130.000 Beschäftigten des öffentlichen Dienstes willkürlich gekündigt worden, weil ihnen angebliche „Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen“ vorgeworfen werden.
Die Angeklagten
Der Prozessauftakt gegen Osman Kavala und seine Mitangeklagten Gökçe Yılmaz, Ali Hakan Altınay, Hanzade Hikmet Germiyanoğlu, Yiğit Aksakoğlu, Çiğdem Mater Utku, Yiğit Ali Ekmekçi, Mehmet Ali Alabora, Handan Meltem Arıkan, Can Dündar, Ayşe Mücella Yapıcı, Şerafettin Can Atalay, Tayfun Kahraman, İnanç Ekmeçi, Mine Özerden, Ayşe Pınar Alabora ist am Montag (24. Juni) in dem Prozessgebäude des Hochsicherheitsgefängnisses Silivri. Weitere Verhandlungstermine sind in der Zeit vom 25. bis 28. Juni 2019 angesetzt.