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Gondola von Veit Helmer – Skurrile Spiele in der Seilbahn

Regisseur Veit Helmer hat über die Jahre eine grosse Faszination für Georgien entwickelt. Seit er mit seinem ersten Spielfilm Tuvalu beim Festival in Tiflis zu Gast war, begann er, seine Filme in Georgien zu drehen. Nach einem Kurzfilm folgten 2008 Absurdistan und 2018 Vom Lokführer, der die Liebe suchte… Seine Filme zeichnen sich immer durch viele skurrile Einfälle und liebevolle Details aus, und auch diesmal ist keine Ausnahme.

— Mathilde Irrmann – Gondola
Foto mit freundlicher Genehmigung jip film & verleih

Hier wird bewusst auf die Verwendung von gesprochener Sprache verzichtet; es handelt sich somit um eine zeitgenössische Interpretation des Stummfilms. Die Schauspielerinnen Mathilde Irrmann (in der Rolle der Iva) und Nini Soselia (als Nina) verleihen ihrer Performance durch präzise Mimik und ausdrucksstarke Gesten eine beeindruckende Authentizität.
Iva begibt sich in ein idyllisches, abgelegenes georgisches Bergdorf, um dort ihre Tätigkeit als Gondelführerin aufzunehmen. Der Leiter der Seilbahn rekrutiert sie, da sie die einzige Bewerberin ist, der die Uniform des verstorbenen Vorgängers passt. Rasch entwickelt sich eine tiefgehende Zuneigung seitens Iva, die ihr Herz an ihre Kollegin Nina verliert. Gleichzeitig hegt auch der Leiter der Seilbahn ein Interesse an Nina und schenkt ihr aufmerksame Blicke während ihrer Umkleidevorgänge. Infolge dessen beendet Nina verärgert das kontinuierliche Schachspiel mit dem Leiter und lenkt ihre Aufmerksamkeit auf ein neues Spiel mit Iva. Diese Veränderung markiert einen Wendepunkt und bricht das anfängliche Eis zwischen den beiden Frauen.

Bei jedem Halt der Gondel erfolgt ein Wechsel der Züge zwischen den beiden Protagonistinnen. Doch dabei beschränkt sich die Dynamik nicht. Ein Spiel entfaltet sich mit einer Vielzahl von kreativen Ideen: Anfangs werden noch einfache Handzeichen ausgetauscht, doch bald darauf nehmen die Ideen an Extravaganz zu. Es werden Früchte geworfen, wenn die Gondeln sich in der Mitte begegnen. Zusätzlich schmücken die beiden Gondeln sich mit Pappe und verschiedenen Materialien, um fiktive Reiseziele wie New York und Rio darzustellen (insbesondere im Kontext von Ninas Traum, zu einer Fluggesellschaft zu wechseln). Das Repertoire erweitert sich sogar bis zu einem Striptease in Etappen, und alles mündet in Musik.
Nina beginnt Geige zu spielen, worauf Iva mit ihrer Trompete einfallsreich antwortet; schliesslich spielt man mit zugeworfenen Noten zusammen. Erstaunlicherweise beteiligen sich auch die Dorfbewohner, die anfänglich gegenüber der Neuen skeptisch waren, indem sie mit ihren Haushaltsgegenständen improvisieren.

Die lesbische Liebesgeschichte entspricht dem aktuellen Diversitätstrend, ebenso wie die Integration eines Rollstuhlfahrers, dem zuvor vom Chef abweisend begegnet wurde oder sogar Misshandlungen ausgesetzt war. Die Darstellung von Homosexualität, immer noch stigmatisiert in Georgien, wird hier aufgegriffen. Eine weitere berührende Nebenhandlung entfaltet sich in der Liebesgeschichte zweier Kinder, deren Annäherung von Nina und Iva unterstützt wird. Kleine Details, wie das Einsammeln der Tageskasse durch den Chef mit einer gefälschten Adidas-Tasche, tragen dazu bei, das Vergnügen und die Raffinesse der Erzählung zu steigern.

In diesem Film steht nicht eine epische Handlung im Vordergrund, sondern zahlreiche Ideen und liebevoll ausgearbeitete Details, die dem Zuschauer grosse Freude bereiten. Die Kameraführung von Goga Derdaviani unterstreicht dies eindrucksvoll, indem sie die georgische Landschaft mit ihren Bergen, Wiesen und Tieren als einen weiteren Hauptakteur inszeniert. Die Musik, geschaffen von Malcolm Arison und Soley Stefansdottir, verleiht der künstlerischen Gestaltung einen weiteren facettenreichen Aspekt.

Ab dem 7. März ist der Film in deutschen Kinos zu sehen.

Harald Ringel

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