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Berlinale 2022 – Berlinale Special: Occhiali neri (Dark Glasses) – Die Rückkehr des Giallos

Dario Argento. Ein Name der bei jedem Horrorfilmfan Begeisterung auslöst. Angefangen als Drehbuchautor von Filmen wie Spiel mir das Lied vom Tod  wandte er sich schnell auch der Regie zu und wurde bereits mit seinem ersten Film Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe zum bei Fans geliebten Kultregisseur im Horrorgenre. Die Kunstform des Giallo (= Gelb vom Einband der italienischen blutigen Horrorthriller- Bücher abgeleitet) hat es ihm seit dem angetan und wurde im Laufe der Jahre immer mehr perfektioniert. Vor allem die ersten beiden Teile der Drei-Mütter-Trilogie Suspiria  und Inferno, die allerdings keine Giallos waren, gehören zu den besten Horrorfilmen aller Zeiten. Sein Hauptaugenmerk liegt dabei seit jeher nicht auf logischer Konsistenz oder der Frage, wer eigentlich der Täter ist, sondern auf der Schaffung einer düsteren, gruseligen Atmosphäre und vor allem dem Spiel aus Licht und Schatten und einer Farbgebung, die so kein zweiter Regisseur erschaffen hat. Auch gilt er als Vorbild vieler anderer Genreregisseure wie John Carpenter. Mit George A. Romero arbeitete er auch bei Zombie(Dawn oft he Dead) zusammen, von dem es sogar eine eigene Argento-Schnittfassung gibt. Nach seinem  eher schwächeren Dracula 3D, der eine sehr spezielle, vor allem was die Effekte betraf, Version des Klassikers zeigte, konnte er aus Finanzierungsgründen keinen Film mehr machen. Zuletzt  versuchte er sich auch als Schauspieler in Gaspar Noes Vortex, in dem er erstklassig einen Ehemann im Kampf mit der Demenz seiner Frau darstellte.

— Gianluca Giugliarelli und Ilenia Pastorelli – Occhiali neri (Dark Glasses)
© 2021 Urania Pictures – GetAway Films

Und nach zehn Jahren nun diese furiose Rückkehr zum Giallo. In Rom geht ein Mörder an Luxus-Prostituierten um. Während einer Sonnen-Eklipse wird Diana (Ilenia Pastorelli) zu seiner auserkorenen Beute. Auf der Flucht vor ihm rast sie in ein anderes Auto, was den Tod der Eltern des kleinen chinesischen Jungen Chin (Xinyu Zhang) zur Folge hat. Sie selbst verliert dabei ihr Augenlicht und wird blind. Als sie Chin im Waisenhaus bei Nonnen eine Uhr schenken will, will der Junge erst nichts mit ihr zu tun haben. Aber dann reisst er aus und versteckt sich bei ihr zuhause. Nach einem Streit von ihrem Hausmädchen verlassen entwickelt sich eine Beziehung zwischen den beiden, die man so in einem Argento-Film noch nicht gesehen hat. Er wird zu ihren Augen und sie zu einer Art Ersatzmutter. Daran ändert sich auch nichts, als die Polizei einschreitet und mit einer Anklage wegen Kindesentführung droht. Asia Argento, die Tochter von Dario, spielt  diesmal nicht die Hauptrolle, sondern Rita, eine Helferin für behinderte Menschen, die ihr die Beziehung zu einem Blindenhund näherbringt und zu einer Freundin wird. Aber der  Killer gibt nicht auf und will sein blutiges Werk beenden.

Wie immer bei Argento wird wenig wert auf die Enttarnung des Killers gelegt, man weiss eigentlich recht schnell  wer der Täter ist. Bereits am Anfang wird durch die Sonnenfinsternis das Thema ihrer Erblindung angedeutet und die farbliche Überblendung in die Nacht reiht sich nahtlos in seine Art des Filmens ein. Ilenia Pastorelli spielt die Hauptrolle überzeugend. Die ehemalige Tänzerin, die 2015 gleich mit ihrem ersten Film They call me jeeg robot bekannt wurde, dürfte damit noch bekannter werden.

Dario Argento, der bereits 1971  Die neunschwänzige Katze mit Karl Malden als Blindem drehte, variiert das Thema hier nochmals neu. Auch wenn man natürlich über einige Fehler, wie das Verhalten des Blindenhunds, das in der Realität so nicht stattfinden würde, oder die Überreichung der Visitenkarte der  Polizistin an Diana mit der Bemerkung, sie soll anrufen, wenn sie etwas Neues weiss, die Nase rümpfen kann, stört das den guten Eindruck am Gesamtwerk überhaupt nicht.

Die Kamera von Matteo Cocco, die zwischen Tag und Nacht , Wohnungen und offenen Feldern, Totalen und CloseUps hin und her wechselt macht das Klaustrophobische gut fühlbar. Die äusserst blutigen Special Effects stammen von dem genreerfahrenen Team von Sergio Stivaletti.

Und nicht zuletzt der Soundtrack des Films unterstützt die Wirkung ungemein. Die Musik spielt wie immer in seinen Filmen eine wichtige, die Handlung unterstützende und vorantreibende Rolle. War es in den meisten Filmen die Gruppe Goblin, die diese Rolle inne hatte, ist es diesmal der Komponist Arnaud Rebotini, der den Platz von Goblin gut ausfüllt.

Bleibt zu hoffen, dass es diesmal keine 10 Jahre dauert, bis der nächste Film zustande kommt. Schliesslich ist Dario ja auch schon 80 Jahre alt.

Von Dario Argento; mit Ilenia Pastorelli, Asia Argento,Xinyu Thang, Andrea Gherpelli; Italien 2021; 87 Minuten.

Harald Ringel, Berlin

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