Das 31. FilmFestival Cottbus kehrt physisch vom 2. bis 7. November 2021 zurück, gibt aber die Möglichkeit das Festival online zu folgen (2.-16. November)
Das 31. FilmFestival Cottbus präsentiert sein 170 Filme aus 40 (Ko-)Produktionsländern umfassendes Programm erstmals in sieben Spielstätten und auf insgesamt zehn Leinwänden. Daneben gibt es digitales Kino im Stream, parallel zum Festival und verlängert bis zum 16. November. Eröffnet wird das Festival mit dem Wettbewerbsbeitrag Abteil Nr. 6 des finnischen Filmemachers Juho Kuosmanen, einem Railroadmovie zwischen Ost und West, Metropole und Provinz und zwei gegensätzlichen Menschen, das in Cannes 2021 mehrere Preise gewann.
Wie jedes Jahr stellt das Festival ein vielseitiges und genreübergreifendes Programm zusammen, das das Schaffen des osteuropäischen Kinos widerspiegelt
Im Wettbewerb Spielfilm konkurrieren zwölf Filme aus 19 Produktionsländern konkurrieren um den mit 25.000 EUR dotierten Hauptpreis für den besten Film und die Preisskulptur Lubina. Ausserdem vergibt die Internationale Jury einen Spezialpreis für die beste Regie sowie einen Preis für die beste schauspielerische Leistung.
Neben den vier Wettbewerben und traditionellen Programmsektionen beleuchtet das 31. FFC das slowakische Kino, die türkische Filmlandschaft und die Transformationsprozesse nach dem Zerfall der Sowjetunion. Vom slowakischen Klassiker von 1946 über aktuelle Genre- und Autorenfilme bis zu FullDome-Filmen. Von Filmerbe bis Science Fiction, von Slapstick bis zum interaktiven Filmspiel, von der schrägen Horrorkomödie bis zur Sinnkrise eines unzufriedenen Mainstream-Regisseurs, von neuen Arbeiten von Altmeistern wie Srdjan Dragojević, Petr Bebjak oder Levan Koguashvili bis zu meisterhaften Debuts neuer Talente. Oft stehen Frauenfiguren im Mittelpunkt, oft überrascht das Ungewöhnliche – von der Familienkomödie über das lesbische Coming Out einer Familienmutter, die in Polen zum Box Office Hit wurde, bis zum kontemplativen Konzeptfilm über eine Mutter und einen Sohn, die ihren Ehemann und Vater durch blosse Empathie und Beisammensein aus dem Koma nach einem Schlaganfall holten.
Im Programm finden sich hochaktuelle Themen wie der Waldbrandinfero-Blockbuster Fire (Russland). In dem russischen Action-Thriller voller Drama und Humor von Alexey Nuzhny, aus der Sektion Hits, durchkämpft eine Gruppe von Feuerwehrleuten die brennenden Wälder Sibiriens, um die Bewohner eines abgelegenen Dorfes zu retten, obwohl die aus lauter Sturheit gar nicht gerettet werden wollen. Aus Bulgarien kommt Escape von Victor Bojinov, der seine Weltpremiere beim FFC haben wird und Stadt-Land-Gegensätze in Thriller-Form auf den Punkt bringt. Eine Landkommune in einem verlassenen Bergdorf trifft auf ein Bootcamp für Junkies, als einer der Klienten aus der Entzugsanstalt sich in die Aussteiger-Idylle flüchtet und in der Folge für mächtig Ärger sorgt. In der Sektion Spektrum treffen in Garbage Theory (Hungarn) von Ákos Badits romantische Sci-Fi Dramedy auf Feelgood-Musical und die autistische Wissenschaftlerin Panna auf Boy, einen tolpatschigen Alien im Beatles-Look. In der gleichen Sektion ballert sich der Geldeintreiber Munir in Loan Shark (Serbien) von Nemanja Ćeranić, einem fetzigen Film Noir mit Western-Motiven, durch die Steppenlandschaft der nordserbischen Vojvodina, während in Rasmus Merivoos Kraft (Estland) unterhaltsam-verrückter Fabelwahnsinn auf Social-Media-Kritik trifft. Eine Gruppe von Kindern verscherbelt während des Smartphone-Entzugs auf dem Land die Seele der eigenen Oma an den Teufel und beschwört dadurch einen estnischen Kobold, genannt Kratt, der für Action sorgt.
Das FilmFestival Cottbus wird in seiner 31. Ausgabe sektionsübergreifend insgesamt 61 Filme aus 33 (Ko-)Produktionsländern von und über Frauen präsentieren
Thematisch dreht sich in den Beiträgen des 31. FFC vieles um starke Frauen und ihre alltäglichen, teilweise dramatischen Geschichten. Man erlebt Heldinnen, aber auch Anti-Heldinnen. Oft steht dabei die Überwindung von archaischen und patriarchalen Hackordnungen im Vordergrund, aber auch das unsichtbare Private und die Konfrontation mit den eigenen Ängsten, bis hin zur turbulenten Patchwork-RomCom über die Folgen des lesbischen Coming Outs einer Familienmutter, die ausgerechnet im katholischen Polen zum Kassenschlager avancierte.
Im Wettbewerb Spielfilm suchen zwei Teenagerinnen in Looking For Venera (Kosovo, Nordmazedonien) von Norika Sefa im patriarchalisch geprägten Umfeld der kosovarischen Provinz zwischen den Ruinen des Krieges und den Überbleibseln der Tradition nach ihrer individuellen Freiheit, während Peter Kerekes in 107 Mothers (Slowakei, Tschechische Republik) an der Grenze zwischen Fiktion und Faktizität einfühlsam die Geschichten von Müttern in einem Frauengefängnis im ukrainischen Odessa porträtiert. In einer Reihe von Gesprächen gewähren darin reale Inhaftierte Einblicke in ihr Seelenleben, das Mutterdasein und die Beweggründe für ihre Taten. In der Sektion Hits läuft Hive (Kosovo, Schweiz) von Blerta Basholli, der als erster Spielfilm überhaupt alle drei Hauptreise beim renommierten Filmfestival in Sundance gewinnen konnte. Basierend auf wahren Begebenheiten erzählt Basholli die Erfolgsgeschichte eines kosovarischen Frauenkollektivs von Kriegswitwen, die sich zwischen persönlichem Verlust und Überlebenskampf mit einer Ajvar-Produktion selbstständig machen, begleitet vom Misstrauen der patriarchal geprägten Dorfgemeinschaft. Hier, auf Französisch, die Kritik des Filmes – hier, auf Französisch, das Interview von Blerta Basholli.
Auch im HITS-Programm: Nebesa (Heavens Above; Der Schein trügt) von Srdjan Dragojević in einer brillanten Demonstration des Zynismus dieser Welt durch das Absurde.
107 Mothers (Cenzorka) von Péter Kerekes (Kritik + Interview)
Tickets für das 31. FFC kosten zwischen 4,00 EUR und 7,50 EUR. Für FFC-Liebhaber gibt es erneut 5er-Tickets und FestivalPässe. Erstmalig bietet das FFC auch einen Online-FestivalPass. Alle Informationen zum Tickets-Verkauf (für die Kinos und Online): https://www.filmfestivalcottbus.de/de/festival/tickets.html
https://www.filmfestivalcottbus.de
Die Filmkritiken (in französischer Sprache) werden während des Festivals online veröffentlicht.
Malik Berkati
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