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Offener Brief: SİNEMA TRANSTOPIA ist akut in seiner Existenz bedroht

j:mag schliesst sich diesem Aufruf an, indem es ihn in seinen Seiten veröffentlicht. Dieser einzigartige Raum ist von entscheidender Bedeutung für das kulturelle Pulsieren der Stadt Berlin, an der Schnittstelle von künstlerischen Begegnungen und der Öffnung von Horizonten, die die Welt in diesen Zeiten so dringend benötigt.

Unter den ersten Unterzeichner*innen aus verschiedenen kulturellen und akademischen Hintergründen finden sich Mariëtte Rissenbeek Geschäftsführerin der Berlinale, Christoph Terhechte Intendant DOK Leipzig, Birgit Kohler Programmleiterin von Arsenal – Institute für Film and Video Kunst e.V., Radu Jude mehrfach preisgekrönter rumänischer Regisseur (darunter ein Goldener Bär bei der Berlinale), Pascale Fakhry Festivalleiterin ALFILM – Arabisches Filmfestival Berlin, Uta Rügner Festivalleitung Afrikamera – Aktuelles Kino aus Afrika, Verband der deutschen Filmkritik, Christoph Gröner Künstlerischer Leiter Filmfest München, Michelle Carey Kuratorin International Film Festival Rotterdam, Bonaventure Soh Bejeng Ndikung Intendant und Chefkurator HKW, Marc-André Schmachtel Programmleitung Goethe-Institut in Exil, Abteilungsleitung Kultur Goethe-Institut Zentrale, u.v.m.

Malik Berkati

— Begegnungsraum der Sinema Transtopia am 1. Mai 2023 vor der Masterclass von Saleh Bakri im Rahmen von ALFILM – Arabisches Filmfestival Berlin
© Malik Berkati

SİNEMA TRANSTOPIA hat sich als zukunftsfähiges Kino und Diskurs prägender Kulturort etabliert und ist für viele Berliner Kunst- und Kulturschaffende zu einem wichtigen Präsentationsraum und Zuhause geworden. Doch jetzt ist das Projekt akut gefährdet: Die in Aussicht gestellte Ausschreibung einer 4-jährigen Konzeptförderung für freie Berliner Präsentationsräume und Initaiven sowie die damit verbundenen Mittel sind im Zuge des Regierungswechsels ersatzlos gestrichen worden. 

Seit 2014 betreibt bi’bak einen Projektraum im Wedding und wurde dafür bereits zweimal mit dem Preis für Projekträume und Initiativen ausgezeichnet.

2020 hat bi’bak das Kino-Experiment SİNEMA TRANSTOPIA im Haus der Statistik initiiert. Mit diesem Projekt soll das Kino neu gedacht und Zukunftsszenarien der Filmkultur und Filmkunst erprobt werden. Die Idee dahinter: Kinos sind auch und vor allem gesellschaftliche Treffpunkte, die Wissensvermittlung, Demokratiebildung und Gemeinschaftserlebnisse ermöglichen, jenseits von kommerziellen Zwängen. SİNEMA TRANSTOPIA ist der Ort, an dem diese Überzeugung in eine kulturelle und gesellschaftliche Praxis überführt wird.

Im Januar 2023 hat SİNEMA TRANSTOPIA neue Räumlichkeiten im Berliner Wedding bezogen, die mit der finanziellen Unterstützung der öffentlichen Hand umgebaut und ausgestattet wurden. So konnte die Vision des Kinos als Ort des solidarischen Austauschs und der kulturellen Begegnung professionalisiert und verstetigt werden. Inzwischen hat sich SİNEMA TRANSTOPIA in der Nachbarschaft fest etabliert und weit über die Berliner Stadtgrenzen hinaus für Aufmerksamkeit gesorgt. Durch Programmarbeit mit internationalen Kurator*innen und einer gelungenen Anbindung im Kiez, etwa durch die Kooperation mit Schulen, hat das SİNEMA lokale und transnationale Communities zusammengebracht. Außerdem ist es zu einem wichtigen Präsentationsort für die Berliner Szene geworden: ein Identifikationsraum und Zuhause für transnationale Communities der Stadt, ein Safe Space für künstlerische und politische Experimente, schließlich auch ein Labor für Filmvermittlung und Archivpraxis mit internationaler Vernetzung. Seit der Wiedereröffnung haben zahlreiche Filmreihen, Veranstaltungen, Seminare, Symposien, Festivals, Parties und Workshops mit um die 10.000 Besucher*innen stattgefunden haben. Dabei wurden nachhaltige Kooperationen mit Berliner und internationalen Partner*innen etabliert. Weitere Kooperationen sind für die nächsten Jahre bereits geplant.

Nun aber ist die Zukunft des SİNEMA TRANSTOPIA ungewiss. Die Aussicht auf die Ausschreibung einer vierjährigen Konzeptförderung durch den Berliner Senat ermutigte uns, die neuen Räume im Wedding anzumieten. Erst durch diese Verstetigung ist es möglich, das Programm stetig auszuweiten, die Infrastruktur zu professionalisieren und zahlreichen Akteuren und Projekten der freien Szene die Spielstätte zur Verfügung zu stellen. Der Bedarf für Mietkosten, Struktur sowie Personal in den kommenden Jahren lässt sich keinesfalls ausschließlich über Projektmittel decken.

Nun wurde diese Ausschreibung ersatzlos gestrichen. Die eingeplanten Mittel sind damit verloren und unsere Existenz maßgeblich gefährdet.

DAS KANN NICHT SEIN! 

Die neue Berliner Regierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag unter anderem dazu verpflichtet, auf die “Schaffung, Sicherung, Sanierung und Modernisierung von Räumen zur künstlerischen Produktion und Präsentation” hinzuwirken. Mit der Streichung der in Aussicht gestellten Mittel erreicht sie gerade das Gegenteil und sendet ein fatales Zeichen: Ein Präsentationsraum, der mit Geldern der öffentlichen Hand gerade aufgebaut, modernisiert und gesichert wurde, muss schließen!

Mit SİNEMA TRANSTOPIA würde der freien Berliner Kulturszene und Kinolandschaft ein zentraler Ort verloren gehen: ein Ort mit internationaler Strahlkraft, der urbane und transnationale Selbstverständlichkeit lebt, der Zugänge schafft, zur Diskussion anregt, weiterbildet, bewegt, provoziert und ermutigt; ein Ort, an dem ernsthaft Diversität gelebt wird, vom Team über das Programm bis zum Publikum; schließlich ein Ort, der sich zugleich einer lokalen und einer internationalen Gemeinschaft verpflichtet sieht und sich für die Vielfalt der Filmkultur und Filmkunst einsetzt.

Wir wollen die Regierung beim Wort nehmen!

Wir wollen, dass die ohnehin viel zu wenigen Präsentationsräume der freien Szene erhalten bleiben!

Wir wollen ins SİNEMA!

Um den Aufruf zu unterzeichnen: https://sinematranstopia.com/de/news/the-existence-of-sinema-transtopia-is-severely-threatened

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Malik Berkati

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