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9. Ausgabe des Arabischen Filmfestivals Berlin – ALFILM 11.-18. April 2018

Das Herz des Festivals schlägt wieder im Arsenal aber bietet auch Vorführungen und Veranstaltungen in anderen Orten der Stadt wie das City Kino, fsk, Wolf Kino (dort wird auch die Vorträge von Mohanad Yaqubi und Irit Neidhart „For an Invisible People, Camera Would Be Their Weapon“ veranstaltet) , und im Al Hamra die Festival-Party.

Highlights des Festivals

Der Film Beauty and the Dogs (Frankreich/Tunesien/Schweden/Norwegen/Libanon/Schweiz/Katar 2017) von Kaouther Ben Hania, den in Cannes 2017 uraufgeführt wurde, wird die 9. Ausgabe eröffnen. Mariam (Mariam Al Ferjani) feiert mit ihren Freunden auf einer Party, wo sie Youssef kennenlernt, mit dem sie die Feier verlässt. Es folgt eine „tour de force“ für die junge Frau, die um ihre Rechte und Würde kämpfen muss. Nach einer wahren Geschichte zeichnet der Film ein atmosphärisches Bild des nachrevolutionären Tunesiens, in dem die alten Machtstrukturen längst noch nicht überwunden sind, und Mariams Kampf zu einer weiblichen Selbstbehauptung gegen das System wird.

— Mariam Al Ferjani – Beauty and the Dogs (Aala kaf ifrit)
Foto mit freundlicher Genehmigung von ALFILM

Wajib (Palästina/Frankreich/Kolumbien/Deutschland/VAE/Katar/Norwegen 2017) von Annemarie Jacir hatte seine Premiere in Locarno 2017. Wajib – eine Verpflichtung – ist es, die Shadi (Saleh Bakri) aus Rom zurück in seine Heimat Nazareth führt. Dort steht die Heirat seiner Schwester Amal an, und Shadi muss gemäss der Tradition an der Seite seines Vaters Abu Shadi die Hochzeitseinladungen allen Gästen überreichen. Unterwegs brechen dabei alte persönliche und politische Konflikte zwischen beiden Männern auf. Humorvoll werden dabei die Eigenheiten dieses christlichen Milieus beleuchtet, wo über Familiengeheimnisse genauso gern geschwiegen wird wie über Politisches.

https://www.youtube.com/watch?v=DXpZ4CyeYrw

 

Der Dokumentarfilm Mein Paradies (Deutschland/Kurdistan-Syrien 2016) von Ekrem Heydo (in Anwesenheit des Regisseurs) :  ein altes Klassenfoto führt der Regisseur 25 Jahre später zurück in seine Heimat Serê Kaniyê (Ras el-Ain) im kurdischen Teil Nordsyriens. Das Foto bildet die multiethnische Gesellschaft aus Arabern, Kurden, Tschetschenen und Armeniern ab, die seit dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs in unterschiedliche ethnische und konfessionelle Lager gespalten ist. Nicht alle seine Klassenkameraden findet Ekrem Heydo wieder. Die Reise in die Vergangenheit wird zu einer Suche nach den Grundlagen des Zusammenlebens in einer politisch instabilen Region.

[Edit 10.04.2018 ]:

Für Of Sheep and Men (Des hommes et des moutons) von Karim Sayad, der in der offiziellen Selektion von ALFILM ist, haben wir ein Audio Interview geführt (auf Französisch).

Alle Filme Official Selection

Spotlight: Reflections on Arab Masculinities

Das diesjährige Spotlight wird eröffnet mit dem libanesischen Film Room for a Man (Libanon/USA 2017) von Anthony Chidiac (in Anwesenheit des Regisseurs). Aus einem barock dekorierten Zimmer richtet sich eine Kamera auf die Aussenwelt. Sie wird zum Mittler und Komplizen des Filmemachers in dieser autobiographischen Exploration der Konzepte von Männlichkeit und Zugehörigkeit. Zwischen einer dominanten Mutter, einem abwesenden Vater und den syrischen Bauarbeitern, die Anthonys Jugendzimmer renovieren, beginnt die Rekonstruktion einer queeren Identität zwischen Argentinien und dem Libanon.

Room for a Man ( 2017) von Anthony Chidiac
Foto mit freundlicher Genehmigung von ALFILM

Einen Klassiker des arabischen Kinos stellt Omar Gatlato (Algerien 1976) von Merzak Allouache dar (in Anwesenheit des Regisseurs). Männlichkeit und Machismo sind zentrale Elemente im Leben von Omar, der mit seiner Grossfamilie in einem Apartment in Algier lebt. Grossmäulig durchstreift er mit seinen Freunden die Strassen der Stadt und erlebt im Kino die Romantik-Phantasien des Bollywood-Films, doch seine wahre Leidenschaft ist die Musik. Echte Begegnungen mit dem anderen Geschlecht verunsichern ihn, bis ihn eines Tages die Stimme der geheimnisvollen Selma auf einer gebrauchten Kassette in den Bann schlägt.

In dem Doublefeature Majnounak (Akram Zaatari, Libanon 1997/2016) und Cinema Fouad (Mohammed Soueid, Libanon 1994)  stehen männliche Sexualität und Transsexualität im Mittelpunkt. In Anwesenheit des Regisseurs Mohammed Soueid.

Zu dem Spotlight gibt es einen Vortrag von Rasha Salti, Kuratorin und Autorin zwischen Berlin und Beirut, die derzeit Redakteurin des Dokumentarfilmformats „La Lucarne“ bei Arte ist. Zudem wird es eine Podiumsdiskussion mit den Filmgästen Merzak Allouache, Mohammad Hammad und Eliane Raheb über das Thema geben.

Alle Filme des Spotlights

Special „70 Jahre Nakba“

Vor 70 Jahren wurden mehr als 700.000 PalästinenserInnen nach Gefechten und Massakern aus ihrer Heimat vertrieben, ihre Häuser zerstört und ihre Besitztümer enteignet. Eine Rückkehr oder Entschädigung wird ihnen bis heute verwehrt. So lebt heute ein Grossteil des palästinensischen Volkes als Nachfahren dieser Vertriebenen in der Diaspora oder unter Besatzung — als Bürger 2. Klasse in Israel, in den Flüchtlingslagern der angrenzenden arabischen Länder oder verstreut über den Rest der Welt. Diese Katastrophe (auf arabisch Nakba) hat bleibende Spuren im kulturellen Gedächtnis der arabischen Welt hinterlassen, die sich in der Filmproduktion palästinensischer Regisseure wie Mustafa Abu Ali seit den 1970er Jahren bis hin zu Elia Suleiman heute niederschlägt, aber auch in der Solidaritätsbewegung arabischer (u.a. Mohamad Malas) und europäischer (u.a. Jean-Luc Godard) Filmemacher zeigte. Die drei hier gezeigten Dokumentarfilme möchten eine historisch-künstlerische Einordnung bieten: vom Leben in den Flüchtlingslagern (The Dream von Mohamad Malas), der Produktion von Widerstandsfilmen (Palestine in Sight von Kamal Aljafari) sowie palästinensischem Leben im israelischen Staatsgebiet (The Roof von Mustafa Abu Ali).

Palestine in Sight (1976) von Mustafa Abu Ali
Foto mit freundlicher Genehmigung von ALFILM

Mohanad Yaqubi wird dazu in einem Vortrag das Verhältnis der Palästinenser zu ihrem Abbild nach zeichnen und die Autorin Irit Neidhardt Einblicke in die Film-Koproduktion zwischen der PLO und der DDR geben.

Mehr Informationen

Ein Festival ohne Kurzfilmblock ist heutzutage undenkbar! ALFILM ist da keine Ausnahme und bietet drei spannende Kurzfilmreihen.

http://www.alfilm.de

Malik Berkati

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