Das 21. goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films startet online vom 20 bis 26.04.2021
Auch in diesem Jahr hat sich das goEast Festival des mittel- und osteuropäischen Films dazu entschlossen, seine Ausgabe nicht abzusagen und eine Onlineversion seiner 21. Ausgabe anzubieten. Alle Filme bei goEast stehen während der Festivalwoche digital zur Verfügung in der Mediathek ab Festivalstart am 20. April, 0:00 Uhr MEZ. Der Zugriff auf fast alle Filme des Programms ist schnell und unkompliziert, wie bei einem klassischen Streamingdienst.
Nach einer kostenlosen Registrierung, haben die Zuschauer zwei Möglichkeiten: sich einzelne Filme und Programmpunkte für jeweils 6,50 Euro pro Ticket auszusuchen, oder eine Online-Dauerkarte für 60 Euro zu buchen.
20.04.2021: Eröffnung ab 19:00 Uhr online auf der Webseite
Der Eröffnungsfilm, ausser Konkurrenz, ist das absurde Roadmovie aus Kasachstan, Yellow Cat (Zheltaya Koshka), von Grigory Kolomytsev:
Gerade aus dem Gefängnis entlassen, will Kermek ein neues Leben beginnen. Bald darauf muss er jedoch von seinem Bruder Bolzoy erfahren, dass er nicht wegen guter Führung freigekommen ist, sondern dank eines zweifelhaften Deals seines Bruders mit dem Gangster-Boss Baldur. Um seine Schuld zu begleichen, soll Kermek für diesen arbeiten. Dabei lernt er die Prostituierte Eva kennen, mit der er sich wenig später aufmacht, um die Welt des Verbrechens hinter sich zu lassen und den Traum vom eigenen Kino in den Bergen zu verwirklichen.
26.04.2021: Preisverleihung ab 19:00 Uhr online auf der Webseite
Wettbewerb
16 Wettbewerbsfilme stehen im Fokus von goEast. Neun Spielfilme und Sieben Dokumentarfilme konkurrieren dabei um die mit 10.000 Euro dotierte Goldene Lilie. Unter den Spielfilmen finden sich vielversprechenden Debütfilmen aber auch die neusten Werke von etablierten Regisseur:innen und goEast-Dauergästen wieder.
In Grigory Kolomytsevs Chupacabra flüchtet sich der beinahe-Waise Andrey in eine Fantasiewelt und befreundet ein wolfsähnliches Fabelwesen. In Die Letzten von Veiko Õunpuu sehen sich Minenarbeiter in der Einöde Lapplands ihrem gnadenlosen Chef gegenüber. Elvin Adigozels Bilesuvar verwebt fünf alltägliche Geschichten im Süden Aserbaidschans zu einer stark realistischen Sozialstudie. Vorbereitungen um für unbestimmte Zeit zusammen zu sein von Lili Horvát erzählt die Geschichte der Neurochirurgin Márta Vizy, die ob der Liebe ihre Karriere in den Vereinigten Staaten über Bord wirft. Zurück in ihrer Heimat behauptet ihr Schwarm jedoch sie nicht zu kennen. Die Bevölkerung des nicht anerkannten Staates Bergkarabach hofft mit einem eigenen Flughafen auf internationale Anerkennung. Alles hängt am Gutachten des Prüfers Alain in Nora Matrirosyans Wenn der Wind sich dreht (Kritik auf Französisch hier). In ihrem Heimatdorf gilt Ulbolsyn als überhebliche Städterin, die schon einmal nackt im Fernsehen zu sehen war. In Ulbolsyn von Adilkhan Yerzhanov versucht sie ihre Schwester aus dem prüden Dorf zu befreien und vor einer Zwangsehe zu retten. Šarūnas Bartas’ In der Dämmerung erzählt die Geschichte mehrerer litauischer Partisanen, die gegen die sowjetische Herrschaft kämpfen. In Pappmaché von Vitaly Suslin muss der Laiendarsteller Ivan Lashin für die Taten seines ersten Filmauftrittes Verantwortung übernehmen. Als jüngstes Familienmitglied muss die junge Ariadna bei der Beerdigung ihrer Grossmutter ein altes georgisches Familienritual vollziehen. In Bebia, à mon seul désir zeigt Regisseurin Juja Dobrachkous eine atmosphärische Reise in die Vergangenheit der Protagonistin.
Auch bei den Dokumentarfilmen herrscht thematische und stilistische Vielfalt. Dokumentarfilmer Ivan Ramljak erlebte die Jahrtausendwende mit seinem Jugendfreund Marko und erzählt die Geschichte komplett mit Hilfe von Markos Fotografien. In Es war einmal die Jugend erinnert er sich an seinen mittlerweile verstorbenen Kumpel und lässt die gemeinsame Jugendzeit Revue passieren. Der Beruf des Kabeltechnikers wird allgemein wohl kaum als spannend oder abwechslungsreich beschrieben. Wie sehr dies täuscht, zeigt Bitte warten von Pavel Cuzuioc. Als Dokumentarfilmer Andrei Dăscălescu von seiner baldigen Vaterschaft erfährt, zweifelt er daran, ob er dieser Rolle gewachsen ist. In Vater Unser begibt er sich auf die Spuren seines eigenen Vaters, der in dem berühmten Bergkloster in Athos lebt. Vera Lacková ist die erste Romnja mit einer eigenen Filmproduktionsfirma in Tschechien, und Urenkelin eines Partisanen. In Wie ich Partisanin wurde geht sie auf Spurensuche. Noch eine Partisaninnengeschichte, aber diesmal aus serbischer Sicht, zeigt Landschaften des Widerstands: die Geschichte von Sonja, die als Partisanin im Zweiten Weltkrieg gegen die Nazis kämpfte. Regisseur Renato Borrayo Serrano zeigt in Das Leben der Ivanna den Alltag von Ivanna, die im nördlichen Russland alleine fünf Kinder erzieht und sich zwischen einem nomadischen Lebensstil oder der Anpassung an die russische Mehrheitsgesellschaft entscheiden muss. Als Freiwilliger engagiert sich der 20-jährige Andriy Suleyman für eine Hilfsmission des Roten Kreuzes in der Ostukraine. Der Regen wird niemals enden (Kritik auf Französisch hier) zeigt die Rückkehr des einstigen syrischen Flüchtlings in seine frühere Heimat.
Rahmenprogramm
Wie üblich, goEast pflegt sein Rahmenprogramm und bietet Film-Talks, ein East-West Talent Lab, das Open Frame Award, ein Symposium.
Begleitend zu den Filmen des Wettbewerbs gibt es kurze Talks mit den Filmschaffenden hinter den Werken der Hauptsektion an. Diese werden während der Festivalwoche nach und nach online zur Verfügung gestellt. Eine Terminübersicht finden Sie hier.
Das jährlich organisierte East-West Talent Lab bietet nicht nur Möglichkeiten für die 30 Teilnehmer:innen des internationalen Nachwuchsprogramms, sondern beherbergt auch einige öffentliche Veranstaltungen. So findet in diesem Rahmen die Paneldiskussion “Zwischen Knast und COVID – Risiken und Gefahren beim Dreh im Jahr 2021” statt, in der Filmproduzent Alex Shiriaff sich mit Expert:innen der Filmbranche über neue Herausforderungen für den Filmdreh durch politische Faktoren sowie durch die COVID-Krise unterhält und gleichzeitig praktische Tipps gegeben werden. Ausserdem wird der Filmemacher Péter Lichter gemeinsam mit Dichter Márió Z. Nemes im Rahmen der diesjährigen Masterclass Einblicke hinter die Kulissen und die Produktionsprozesse von Lichters neusten Film Barokk Femina geben, den in der Sektion Bioskop zeigen wird. Zusammen widmen sich die beiden Künstler nicht nur praktischen Fragen des Filmschaffens, sondern zeichnen auch die Entstehung und die Idee des Hungarofuturismus nach. Das East-West Talent Lab abschliessend wird es die öffentliche Präsentation der von den Teilnehmer:innen während der Festivalwoche entwickelten Projekt Pitchs geben.
Ein unverzichtbares Element jedes Festivals ist nunmehr ein Virtual-Reality-Programm. Virtuelle Realitäten und 360°-Projekte können beim Open Frame Award erlebt werden. Kurator Georgy Molodtsov führt hier regelmässig durch die sieben ausgewählten Projekte.
Aufgrund der 30-jährigen Unabhängigkeit der zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan und Turkmenistan lüftet das diesjährige Symposium den Schleier über der Region. Die Kurator:innen Birgit Beumers und Joël Chapron stellen das Gebiet mit Geschichte, Kultur und natürlich auch dem Filmschaffen vor. Neben den Filmen wird es im Rahmen des Symposiums ebenfalls ein prall gefülltes Vortrags- und Diskussionsprogramm geben, in dem unter anderem die Neue Kasachische Welle oder das usbekische Filmschaffen der 30er-Jahre von Expert:innen aufgearbeitet wird.
Einige öffentliche Ereignisse
In Zeiten des Abstandhaltens findet goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films kreative Wege, um dennoch das bestmögliche Festivalerlebnis zu bieten. So kommt dank des Ost-Kiosks die osteuropäische Kultur auch in Pandemie-Zeiten auf die Strassen der hessischen Landeshauptstadt. Hier kann man sich während der Festivalwoche mit Kaffee und anderen alkoholfreien Getränken versorgen und den Flair eines authentischen K67-Kiosks unter den Platanen des Naussauischen Kunstvereins geniessen. Als städtische Intervention gedacht, bietet der Kiosk nicht nur physische Versorgung, sondern auch künstlerischen Mehrwert, wenn er zum Ort einer spannenden Klanginstallation wird.
Mit dem geplanten Autokino auf dem Dern’schen Gelände kann voraussichtlich Ende Juni vor Ort Kinoluft geschnuppert werden. Durch die von dem Partner Stadtmobil bereitgestellten Autos steht das Erlebnis allen offen und bietet dennoch die Möglichkeit für genug Abstand.
Nicht zuletzt will das Festival auch den Zugang und das beste Erlebnis zu und mit den Projekten des Open Frame Award gewähren und bieten dafür einen VR-Headset-Verleih im Museum Wiesbaden an. Hier kann man vom 21. – 25. April, 10 bis 18 Uhr gegen eine Pfandgebühr von 10 Euro einen Slot mieten, um in fünf der ausgewählten Projekte eintauchen zu können.
Um einen Termin zu buchen: per Mail goeast-info [@] dff.film oder per Telefon (0611 23 68 43-10)
https://www.filmfestival-goeast.de
Malik Berkati
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