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Der Schweizerische Kino-Verband schlägt Alarm nach der plötzlichen Ankündigung der Schliessung der Kinos in den Kantonen Wallis und Bern!

Wir veröffentlichen die Stellungnahme des Verbands (siehe unten). Edna Epelbaum, Kinobetreiberin, Präsidentin Schweizerischer Kinoverband und Vizepräsidentin Europäischer Kinoverband UNIC hat ein paar unserer Fragen beantwortet:

Haben Sie seit der Wiedereröffnung der Kinosäle Kontakt zu den kantonalen oder eidgenössischen Behörden oder sind Sie völlig ignoriert?

Wir sind seit März in regelmässigem Austausch mit den eidgenössischen Behörden und teilweise auch mit den kantonalen Behörden. Die französischsprechenden Kantone mit Ausnahme vom Wallis haben unsere Bedenken sehr wohl zur Kenntnis genommen und ihre Massnahmen gesteuert, dass das kulturelle Leben, welches sehr klare und gut ausgeführte Schutzkonzepte hat, nicht auf Eis gelegt wird.

Im Allgemeinen wird die Kultur in der Wirtschafts- und Gesundheitsstrategie der Behörden am schlechtesten behandelt: Haben Sie Kontakte zu anderen kulturellen Einheiten, wenn ja, haben Sie ein Projekt für eine kollektive Aktion, um mit einer einzigen Stimme zu sprechen, oder kämpft jeder Bereich auf der eigenen Seite?

Die Filmbranche ist bereits sehr gross. Wir sind in Kontakt mit der gesamten Industrie, denn in unserer Branche sind alle betroffen: Produktionsfirmen, Verleihfirmen, Kinos. Wir arbeiten regional, überregional und national. Deshalb ist es auch so schwierig, mit diesem Entscheid der Kantone Wallis und Bern umzugehen. Gerade für die Berner Filmproduktion ist dieser Entscheid fatal. Als Beispiel wäre hier der für diesen Donnerstag geplanten Film von Gitta Gsell Beyto (der seiner Premiere im Zurich Film Festival 2020 hatte; Anm. d. Red.) zu erwähnen. Wir wissen, dass die Berner Produktionen sehr lokal funktionieren. Das ist auch ein sehr positives Zeichen. Einen Filmstart so kurzfristig abzusagen, ist unmöglich und finanziell fatal – sowohl für Produktion, Verleih wie auch Kino. Die Schutzkonzepte haben wir für unsere Branche auf nationalem Niveau ausgearbeitet und diese auch für alle Kinos der Schweiz umgesetzt.

Wie vielen Kinos droht die Schliessung?

Dies ist zum heutigen Zeitpunkt schwierig zu beantworten. Wir können jedoch sagen, dass die finanzielle Lage mit einer erneuten arbiträren Schliessung fatal wird und wir damit rechnen müssen, dass einige Unternehmen vor dem Aus stehen werden, wenn nicht reagiert wird von kantonalen Behörden. Wir erwarten deshalb auch, dass die Kantone Bern und Wallis ihre Entscheide neu evaluieren und den anderen Kantonen anpassen. Wir erwarten auch, dass bei einem auf die Kultur bezogenen Lockdown, die finanziellen Entschädigungen 100% ausbezahlt werden – im Kanton Wallis wurde jedoch leider noch nicht einmal die erste Welle ausbezahlt.

Auch wenn es keinen Blockbuster gibt, wurde eine bestimmte Anzahl von Filmen, die auf den stattgefundenen Festivals liefen, in die Kinos gebracht: Ist das Publikum da (unter Berücksichtigung des reduzierten Kapazitätsverhältnisses)?

Das 2020 ist kein einfaches Jahr, das kann nicht rosiger gemalt werden als es ist. Nach dreimonatiger Schliessung hat es seine Zeit gebraucht, bis die Menschen das Vertrauen in unsere Kinos und in unsere Schutzkonzepte hatten. Daran haben wir gearbeitet. Unsere Schutzkonzepte sind umfassend und stossen auf viel positives Feedback. Es gibt keine nachweisbare Covid-Fälle im Kino und das auch nicht an grösseren Events wie dem ZFF (Zurich Film Festival worüber j:mag auf Französisch berichtet hat; Anm. d. Red.) oder FFFH (Festival du Film Français d’Helvétie in Biel; Anm. d. Red.). Diese Arbeit ist aus der Branche gekommen, der Aufbau hat lange gedauert, dass jetzt die Berner und Walliser Kinos jetzt wieder schliessen sollen, geht psychologisch in keine gute Richtung. Wenn die individuelle Ansteckungskette durchbrochen werden müsste, dann müsste man differenzieren und dürfte nicht einfach die kulturellen Stätten wie Kinos und Museen schliessen, bei denen hervorragende Schutzkonzepte existieren und gleichzeitig Shopping und Gastro offen behalten. Wenn es darum ginge, das Ausgehverhalten der Bevölkerung zu steuern, dann ist es auch unverständlich, warum die Kinos zu machen müssen und die Gastro offen bleibt. Das Publikum ist bei solchen Entscheiden erneut verunsichert und kann die Entscheide nicht nachvollziehen, WEIL sie nicht erklärt werden.

Geführt am 25. Oktober, Malik Berkati

— Cinéma Cinérama Empire in Genf
© Malik Berkati

Zürich, 23. Oktober 2020- Lockdown für Walliser und Berner Kinos: Schweizer Kino-Verband irritiert und besorgt

Mit grosser Irritation und Sorge nimmt der Schweizerische Kinoverband (SKV) den Entscheid der Kantone Wallis und Bern zur Kenntnis, das kulturelle Leben und somit die Kinos vorläufig auf Grund der Coronapandemie zu schliessen. Die Schliessung der Kinos in den Kantonen Wallis und Bern hat fatale Auswirklungen auf die gesamte Filmbranche und auf das kulturelle Leben in unserer Gesellschaft. Kinos sind gerade in der gegenwärtigen Situation wichtige Orte, wo die Menschen geistige Zerstreuung und damit wertvolle Unterstützung für ihre Psychohygiene finden. Als solche sollten Kinos mit ihren umfassenden Schutzkonzepten und andere Orte der Kultur nicht die ersten, sondern die letzten Orte der Begegnung sein, die geschlossen werden.

Nebst dem Kino-Lockdown an und für sich zeigt sich der SKV irritiert darüber, dass vor dem Beschluss mit den betroffenen Verbänden oder Kinounternehmen keinerlei Kontakt und informeller Austausch stattgefunden hat. So bleiben etwa Fragen zur unterschiedlichen Behandlung von Kultur- und Gastronomiebetrieben offen und insbesondere auch solche zur finanziellen Entschädigung. Letzteres ist umso bitterer, da zahlreiche Kinos auf Grund der einschneidenden Massnahmen der letzten Monate vor dem Aus stehen.

Für die betroffenen Kinos hat der Lockdown verheerende Folgen. Zusätzlich führen die kantonalen Unterschiede in der Handhabung der sanitären Krise zu Unsicherheit in dieser bereits sehr komplexen Situation.

Somit bittet der SKV die Kantone Wallis und Bern um eine neue Analyse der heutigen Bestimmungen, welche das kulturelle Leben auf Eis legen.

Bewährtes Schutzkonzept und Maskenpflicht

Seit der Wiedereröffnung der Kinos Anfang Juni 2020 nach dem nationalen Lockdown haben die Schweizer Kinobetreiber ein Schutzkonzept umgesetzt, das sich bewährt hat: Während den letzten fünf Monaten ist kein einziger Fall dokumentiert, in welchem sich eine Person in einem Kinosaal mit dem Coronavirus angesteckt hätte. Dies gilt auch für grössere Anlässe wie etwa das Zurich Film Festival oder das Festival du Film Français d’Helvétie in Biel.

Zusammen mit dem SKV hat die Branche ein umfassendes Schutzkonzept ausgearbeitet, das durch die Kinosäle in den einzelnen Landesteilen und Kantonen in enger Abstimmung mit den Behörden umgesetzt wird. So gelten grösstenteils deutliche Beschränkungen bei der Anzahl Tickets, die pro Vorstellung verkauft werden.

Weiter müssen die Kinogäste gemäss der bundesrätlichen Weisung zwecks Contact Tracing registriert werden. Es ist den Kinos überlassen, ob sie dies mit Präsenzlisten, einem Registrierungssystem oder dem Online-Ticketing lösen wollen. Die Kinobranche gehörte nebst ausgewählten Gastronomie-Unternehmen zu den ersten in der Schweiz, die dafür eine eigens entwickelte App («Mindful Check-In») verwenden. Diese garantiert ein anonymes Check-in und höchste Datensicherheit.

Die vom Bundesrat per 19. Oktober neu beschlossene Maskenpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräume und somit auch in den Kinos erhöht die Hygienesicherheit zusätzlich– ebenso die Tatsache, dass die Menschen im Kino hintereinander sitzen und keine langen Diskussionen miteinander führen, sondern den Kinofilm geniessen.

Fatale Auswirkungen für Gesellschaft und Kultur

Der Lockdown im Kanton Wallis und nun im Kanton Bern hat für die Kinos dramatische wirtschaftliche Folgen. Schon heute bewegt sich die Auslastung auf Grund der eingeschränkten Kapazität auf einem tiefen Niveau. Ausbleibende Einnahmen bedrohen die Existenz zahlreicher Kinos und Verleihunternehmen.

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Malik Berkati

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