j:mag

lifestyle & responsible citizenship

Cinéma / KinoCulture / KulturPressemitteilungen

1. Iranisches Filmfestival Berlin vom 30.05.-03.06.2018 im Hackesche Höfe Kino

Junge Frauen, die fast alles tun, was sie wollen, ein Kriminalfall in einer apokalyptischen Welt, ein Unfall mit überraschenden Folgen. Das iranische Kino, das seit Jahrzehnten auf Filmfestivals in aller Welt anerkannt wird, ist vielfältiger als die wenigen bekannten Namen, die sich international durchsetzen. Vor allem sind die Filme erzählerisch und stilistisch sehr eigensinnig: oft mit geringen Mitteln hergestellt, schildern sie den Alltag samt Verfolgungsjagden im Auto, mit Spass an Pathos, dramatischen Wendungen und unglaublichen Zufällen.

Das erste Iranische Filmfestival Berlin zeigt Festivalhits, Debüts, Populäres, viel Drama und nicht wenige komödiantische Einwürfe. Die Bandbreite des aktuellen iranischen Kinos kann damit endlich auch in Berlin wahrgenommen werden. Insgesamt laufen 11 Langfilme und ein Kurzfilmprogramm vom 30.05. bis 03.06.2018 beim 1. Iranischen Filmfestival Berlin im Hackesche Höfe Kino.

Besondere Brisanz hat die exklusive Vorstellung von Delighted von Regisseur Abdolreza Kahani, der nicht nur im Iran verboten wurde, sondern dessen Vorführungen im Ausland wiederholt aus Angst vor Nachwirkungen abgesagt werden mussten. Der Film mag auf den ersten Blick unpolitisch wirken, doch die Geschichte von jungen Frauen im heiratsfähigen Alter, die auf der Suche nach reichen Männern sind, und sich zwischenzeitlich amüsieren wollen, wie es nicht erlaubt ist, birgt im Iran einige Sprengkraft. Vielleicht gerade, weil Kahani sich stilistisch auf ihre Seite schlägt, und mit ihnen den hedonistischen Alltag geniesst. Der Film läuft zur Eröffnung am Mittwoch, 30. Mai um 20 Uhr (in Anwesenheit des Regisseurs Abdolreza Kahani).

Am Freitag, 01. Juni, wird den bei den Filmfestspielen von Venedig ausgezeichneten No Date, No Signature gezeigt, der die dramatischen Entwicklungen nach einem kleinen Unfall nachzeichnet und zwei Männer in jeweils unmögliche Situationen wirft: Den reichen Arzt plagen schon bald Gewissensbisse, während der arme Arbeiter alles verlieren könnte: Familie, Freiheit, Ehre. In minutiös komponierten, sehr eleganten Einstellungen, offenbart Regisseur Vahid Jalilvand inszenatorisches Gespür und ein herausragendes Schauspiel-Ensemble.

Delighted von Abdolreza Kahani
Foto mit freundlicher Genehmigung von dem Iranischen Filmfestival Berlin

Zu den weiteren Filmen gehören die neuen Werke von Tahmineh Milani, Ida Panahandeh und Negar Azarbayjani, die alle drei im vergangenen Jahr bei den Iranischen Frauenfilmtagen in Berlin waren. Ausserdem werden zwei bei der diesjährigen Berlinale präsentierte Filme gezeigt: Invasion von Shahram Mokri und Hendi and Hormoz von Abbas Amini.

Die Filme

Delighted

Von Abdolreza Kahani – IR, 2016, 80 Min, persisch mit deutschen Untertiteln.

Junge iranische Frauen im heiratsfähigen Alter, die einfach Spass haben wollen, auch mal ohne Kopftuch und mit Alkohol: Es gibt viele Gründe, die erklären können, warum Delighted im Iran verboten wurde und bisher selbst im Ausland nicht gezeigt werden konnte. Der Film ist aber nicht nur politisch gewagt, er ist vor allem durch und durch modern.

Israfil

Von Ida Panahandeh – IR, 2017, 90 Min, persisch mit deutschen Untertiteln.

Eine vergangene Liebe taucht aus dem Ausland wieder auf, doch das passt Mahi überhaupt nicht. Mit beinahe unerschütterlicher Zurückhaltung spielt Hediyeh Tehrani die Rolle einer trauernden Mutter, deren Leben langsam von Neuem beginnt. Regisseurin Ida Panahandeh sucht die zarten Zwischentöne im bitteren Aufbruch und formt nebenbei das Porträt von Iranern, die mit ihrem Land hadern.

No Date, No Signature

Von Vahid Jalilvand – IR, 2017, 104 Min, persisch mit deutschen Untertiteln.

Sich selbst schützen oder für andere sorgen? No Date, No Signature ist eine intensive und herausragend inszenierte Reise ins Herz menschlicher Fehlbarkeit. Ein reicher und ein armer Mann finden ihre Schicksale nach einem Unfall plötzlich ineinander verstrickt, und schnell steht für beide die Existenz auf dem Spiel. Preis für beste Regie und besten Darsteller beim Filmfestival von Venedig.

Kurzfilmprogramm

Not Yet, Retouch, Birthday Night, AniMal – IR, 73 Min, persisch m.d.U.

Die Bandbreite iranischen Filmschaffens offenbaren Kurzfilme in kondensierter Form. Da wären ein Familiendrama im Splitscreen, das brutale Eheleben als makabre Inszenierung, ein Roadmovie mit kleinen Machenschaften am Rande der Legalität und eine fantastische Reise durch Mythen und Natur. Kurzfilmabend mit Entdeckungen junger iranischer Künstler.

Leaf of Life

Von Ebrahim Mokhtari – IR, 2016, 85 Min, persisch mit englischen Untertiteln.

Ein Regisseur aus der Großstadt will ursprüngliches Dorfleben filmen und versteigt sich in größenwahnsinnige Pläne, damit alles genau so aussieht, wie er es sich ausmalt. Sein Gastgeber, ein wortkarger alter Mann, sieht zunächst skeptisch zu. Doch nach und nach widersetzt er sich, um die Natur zu verteidigen. Ebrahim Mokhtari zeigt mit lakonischer Ruhe das Aufeinanderprallen zweier Welten und eine Bewusstseinswerdung.

The Home

Von Asghar Yousefinejad – IR, 2017, 78 Min, Azari mit pers. & dt. Untertiteln.

Ein Toter im Haus, und alle wollen etwas von ihm: Die Tochter will ihren Vater nicht loslassen, ein Mann von der Universität beansprucht, den Körper für die Forschung mitzunehmen so stehe es im Testament. Ständig kreist die beinahe tänzelnde Kamera um sie, wie sie in einem intensiven Kampf um Richtig und Falsch ringen. Ausgezeichnet als Bester Film beim Fajr-Filmfestival in Teheran.

Season of Narges

Von Negar Azarbayjani – IR, 2017, 95 Min, persisch mit englischen Untertiteln.

Nach Facing Mirrors stellt Regisseurin Negar Azarbayjani mit ihrem zweiten Spielfilm ihr komödiantisches Talent unter Beweis. Was als Porträt dreier Frauen beginnt, entwickelt sich schnell zu einem Panorama der modernen iranischen Gesellschaft – mit absurdem Starkult, viralen Videohits und ständigen Missverständnissen.

Invasion

Von Shahram Mokri – IR, 2016, 102 Min, persisch mit deutschen Untertiteln.

Ein Film wie ein Labyrinth: Auf Shahram Mokris queeren apokalyptischen Kriminalfilm macht man sich erst nach und nach einen Reim. Er erforscht gleichzeitig Zeit- und Geschlechterfragen und schafft dabei ein seltenes eigenes Universum. Fast nebenbei versucht der Held einem bizarren Verbrechen auf die Spur zu kommen. Invasion lief im Berlinale Panorama.

Hendi & Hormoz

Von Abbas Amini – IR, 2018, 88 Min, persisch mit englischen Untertiteln.

Eine jugendliche Ehe wirbelt das Leben der beiden titelgebenden Protagonisten durcheinander, weil sie etwas füreinander bedeuten wollen. Erschwert wird das durch die rigiden Wertvorstellungen der Schule genauso wie durch die Abgeschiedenheit der Insel, auf der sie wohnen.

Untaken Paths

Von Tahmineh Milani – IR, 2017, 90 Min, persisch mit englischen Untertiteln.

Tahmineh Milani hat wieder zugeschlagen: In einem hochdramatischen Reigen um das Leben von Frauen in unglücklichen Ehen reizt sie die Grenzen des feministischen Blicks auf den iranischen Alltag aus. Wie in ihren letzten Filmen gelingt ihr das in zeitgenössischem Tempo und ohne Rücksicht auf die Gepflogenheiten eines oft zurückhaltenden Festivalkinos.

Disappearance

Von Ali Asgari – IR, 2017, 89 Min, persisch mit englischen Untertiteln.

Hat er sie vergewaltigt und jetzt ist sie schwanger? Ist er ihr Bruder oder doch ihr Freund? Bei einer nächtlichen Odyssee durch Krankenhäuser, private Kliniken und von einer Helferin zur nächsten suchen ein Mädchen und ein Junge gemeinsam nach einer kreativen Lösung für ihr drängendes Problem. Ali Asgari dreht das mit großem Feingefühl als spannungsgeladenes Drama.

Soheila No. 17

Von Mahmoud Ghaffari – IR, 2017, 104 Min, persisch mit deutschen Untertiteln.

Es wird Zeit, denkt sie. Denn mit 40 ist sie zu alt, um Single zu sein. Ein Verkupplungsversuch geht monumental schief, warum dann nicht alte Flammen neu entfachen? Soheila ist sich dafür zu schade und will doch unbedingt etwas Neues versuchen. Zahra Davoudnejad spielt die Titelrolle mit schöner selbstbewusster Selbstironie.

Programm und Karten

© j:mag Tous droits réservés

Laisser un commentaire

Votre adresse e-mail ne sera pas publiée. Les champs obligatoires sont indiqués avec *

*